Hat meine Patient*in den Wunsch zu sterben?
Todeswunsch
„Hat meine Patient*in den Wunsch zu sterben? Denkt er oder sie vielleicht auch über einen assistierten Suizid nach? Wie gehe ich damit um?“ In der hospizlichen und palliativen Versorgung schwer erkrankter Menschen sind unterschiedliche Arten von Todeswünschen häufig. Es besteht jedoch zum Teil erhebliche Unsicherheit in Bezug auf einen angemessenen Umgang damit. Diese hängt vermutlich nicht zuletzt auch mit der Ungreifbarkeit des Todes als solchen zusammen. Was bedeutet es konkret für Patient*innen, sich den zu Tod wünschen?
Der Wunsch zu sterben ist ein zutiefst persönlicher und stellt für Versorgende eine große Herausforderung dar: Darf ich mit meinen Patient*innen überhaupt darüber sprechen? Erwarten diese vielleicht sogar, dass ich ihr oder ihm Zugang zu ärztlich assistiertem Suizid verschaffe? Und falls ja, bedeutet das im Februar 2020 gefällte Urteil des Bundesverfassungsgerichts, mit dem die gesetzliche Einschränkung des assistierten Suizids gekippt wurde, dass ich jetzt dazu verpflichtet bin diesem Wunsch nachzukommen?
Die letzte Frage beantwortet das Bundesverfassungsgericht klar mit Nein. Niemand kann verpflichtet werden, Suizidhilfe zu leisten. Um den weiterhin bestehenden Unsicherheiten zu begegnen und Antworten auf die Fragen nach einem angemessenen Umgang mit Todeswünschen in der Palliativversorgung zu finden, wird am Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln seit über zehn Jahren zum Thema geforscht.
Unter anderem wurden Schulungen zum Umgang mit Todeswünschen entwickelt, die stark nachgefragt werden und beständig um neue Aspekte ergänzt werden. Ein dazugehöriger Gesprächsleitfaden soll außerdem mehr Sicherheit im Umgang mit möglichen Todeswünschen geben.
Das Gespräch zwischen Versorgenden und ihren Patient*innen über Todeswünsche bietet Raum für offene Kommunikation und kann die therapeutische Beziehung stärken. Dies hat das Potential, die Lebensqualität von palliativ versorgten Patient*innen zu verbessern und die Kommunikations- und Handlungskompetenz der Versorgenden zu stärken.
Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Todeswünschen
Palliativ und hospizlich Versorgende begegnen dem Phänomen Todeswünsche immer wieder in ihrem Arbeitsalltag. Folgende Empfehlungen können Ihnen helfen, angemessen damit umzugehen:
Sprechen über Todeswünsche
Wir sollten in der hospizlichen und palliativen Versorgung in der Lage sein, offen über Todeswünsche von Patient*innen zu sprechen.
Wir dürfen unsere Patient*innen fragen, ob sie Todeswünsche hegen. Das Thema Todeswünsche sollte in der hospizlichen und palliativen Versorgung nicht mit Schweigen belegt werden.
Prävention von Todeswünschen
Obwohl Patient*innen auch unter optimaler Versorgung Todeswünsche entwickeln können, kann eine gute Symptomkontrolle bei Schmerzen und Depressivität der Entstehung von Todeswünschen vorbeugen.
Interventionen bei Todeswünschen
Liegt ein Todeswunsch in Form akuter Suizidalität vor, so ist ärztlich-psychiatrischer Rat einzuholen. Interventionen für Patient*innen, die ihr Leid als unerträglich erleben, umfassen Schmerztherapien am Lebensende, Verzicht / Einschränkung / Abbruch von Maßnahmen und die therapeutische (palliative) Sedierung.
Der Wunsch nach assistiertem Suizid und Tötung auf Verlangen
Laut der aktuellen Gesetzeslage in Deutschland muss der Zugang zur Suizidassistenz prinzipiell gewährleistet sein und darf nicht davon abhängen, ob einzelne Versorgende entsprechende Anliegen ablehnen oder unterstützen. Gleichwohl dürfen Versorgende nicht zur Suizidassistenz gezwungen werden.
Schulungen zum Umgang mit Todeswünschen
Es besteht hoher Bedarf an Schulungen zum Umgang mit Todeswünschen in der hospizlichen und palliativen Versorgung. Das Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln bietet seit 2016 entsprechende Schulungen an.